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Mietzinsminderung aufgrund von Baulärm?

7. Juni 2022 von in Mietrecht

Muss ich als Mieter damit leben, oder gibt es Ansprüche, die ich gegenüber meinem Vermieter geltend machen kann, wenn ich in der Nutzung meiner Wohnung durch Baulärm, sei es vom Nachbargrundstück oder dem eigenen ausgehend, beeinträchtigt werde?

Grundsätzlich gilt, dass Lärm, der von baulichen Maßnahmen ausgeht als ortsüblich anzusehen ist, wenn es sich um ein Siedlungsgebiet handelt in dem mit gelegentlichen baulichen Maßnahmen gerechnet werden muss. Der Nachbar muss diesen Lärm also insoweit hinnehmen, als er üblicherweise und gewöhnlich für Anrainer mit Baustellen verbunden ist. Das versteht man unter dem sogenannten „Baulärmprivileg“.

Die Ortsüblichkeit wird im Einzelfall oft schwierig zu beurteilen sein. Im Wesentlichen hängt sie davon ab, wie sich die tatsächlichen und bestehenden Verhältnisse in der Umgebung der Liegenschaft darstellen. Unter Umgebung wird hier nicht bloß der direkt angrenzende Gebietsteil verstanden, sondern man geht von einer weiträumigeren Fläche aus, die über annähernd gleiche Lebens- und Umweltbedingungen verfügt („Viertel“).

Nun stellt sich die Frage, ob dem Mieter eine Mietzinsminderung zusteht, wenn er in der Nutzung seiner Wohnung durch Baulärm, der nicht als ortsüblich anzusehen ist, gestört wird.
Zunächst gilt es festzuhalten, dass es bei einer allfälligen Mietzinsminderung nicht auf ein Verschulden des Vermieters ankommt, sondern es reicht, dass der Lärm auf eine neutrale Sphäre zurückzuführen ist.

Der Vermieter hat das Risiko für alle Umstände zu tragen, die auf einem Zufall beruhen und den Ausfall oder eine nicht unwesentliche Einschränkung des Nutzens zur Folge haben.
Es wird somit nicht vorausgesetzt, dass der Vermieter die Möglichkeit haben muss, die Störung zu beseitigen und er muss sie auch nicht verschuldet haben.

Die nächste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt ist, in welchem Ausmaß die Mietzinsminderung als angemessen anzusehen ist. Wichtig ist hierbei nicht der Betrag, der für eine verbleibende Benutzung angemessen wäre, sondern es wird von Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit ausgegangen.

Für die Bestimmung des Grades der Unbrauchbarkeit ist der vereinbarte Vertragszweck sowie der Parteiwille und die Verkehrssitte ausschlaggebend. In der Regel schaut sich die Rechtsprechung an, welche Räume von der Störung betroffen sind und welchen Teil sie vom gesamten Objekt ausmachen.

Berechnungen erfolgen also nach der relativen Methode. Es wird der Mietzins ohne Mangel/Störung mit jenem verglichen, der mit Störung am Markt erzielbar wäre. Da hier im Gesetz keine Berechnungsformeln oder ähnliches vorgegeben werden erfolgt die Ermittlung der Minderung anhand von richterlichem Ermessen (§ 273 ZPO). Hierbei wird es sich meist um einen in Prozent ausgedrückten Abschlag vom vereinbarten Mietzins handeln.

Einige Beispiele aus der Rechtsprechung, die die Höhe der Mietzinsminderung aufgrund von diversen Umständen etwas vorstellbarer machen sollen:

  • Keine Mietzinsminderung stand dem Mieter in dem Fall zu, in dem die Lärmbelästigung vom Nachbargrundstück ausging, sich das betroffene Objekt aber in einem Siedlungsgebiet befand, in dem nach der Rechtsprechung mit gelegentlichen baulichen Maßnahmen (Schließung von Baulücken, Umbauten, Reparaturen, Erweiterungen) zu rechnen ist (5 Ob 57/12p).
  • Eine 5 %-ige Mietzinsminderung erhielt ein Mieter, der von einer Lärmbelästigung durch Bauarbeiten über einen achtmonatigen Zeitraum betroffen war, wobei aber nur sporadisch intensive Belästigungen stattgefunden haben. Die restlichen Arbeiten waren nicht sonderlich lärmintensiv (LGZ Wien 39 R 325/04i).
  • 15 %-ige Mietzinsminderung bei Lärm- und Geruchsbelästigung und der Beeinträchtigung von Garten- und Terrassenbenützung durch Bauarbeiten am Nachbargrundstück (1 Ob 177/05v).
  • 25 %-ige Mietzinsminderung bei permanentem Einsatz (Tag und Nacht) von Trockenmaschinen in einem Zimmer sowie Demontage eines Waschbeckens im Badezimmer (LGZ Wien 40 R 104/08b).
  • Wird der Bürobetrieb durch Baulärm beeinträchtigt, wurde einem Mieter eine Mietzinsminderung in Höhe von 25 % zugesprochen (8 Ob 526/90), in einem anderen Fall bei intensiven Bauarbeiten mit Presslufthämmern, Baumaschinen etc., die die Geschäftstätigkeit (Besprechungen + Telefonate mit Kunden) beeinträchtigt haben, wurden 70 % Mietzinsminderung als angemessen angesehen (LGZ Wien 39 R 399/99m).
  • Weil die Verständigung im Bürobetrieb aufgrund von Baulärm nur mehr schreiend möglich war, wurde in Fall LGZ Wien 41 R 322/89 eine Mietzinsminderung von 75 % als angemessen angesehen.

Fazit: Es ist dem Mieter also grundsätzlich möglich, Beeinträchtigungen bzw. Störungen die von einem Dritten und nicht dem Vermieter verursacht werden gegenüber dem Vermieter im Rahmen einer Mietzinsminderung geltend zu machen.

Mag. André Hitzenbichler, M.B.L.

Rechtsanwalt

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